Aus dem Alltag der Spitex AareBielersee - Vom Hahn, der Glühbirnen austauschen kann

18.08.2021

Wie ist es wohl, als Mann bei der Spitex zu arbeiten? Das hat mich schon länger interessiert. Einer, der das weiss und meine Fragen beantworten konnte, ist Andreas Sorg, unser langjähriger Mitarbeiter im Team Safnern.

Der Stützpunkt Safnern der Spitex AareBielersee liegt, wenn man dem Navigationssystem im Auto folgt, etwas ländlich und ist gut versteckt. Ich fahre von der Hauptstrasse weg, über eine Feldstrasse und an Bauernhöfen vorbei und wundere mich, ob ich wirklich die richtige Adresse eingegeben habe. Doch zum Glück finde ich mein Ziel auf Anhieb.

Andreas Sorg, einer der fünf Männer von rund hundert Angestellten in den Teams der Spitex AareBielersee, hat vor dem Termin mit mir eine kurze Verschnaufpause mit einem Kaffee eingelegt. Gerade als wir  starten wollen, muss er jedoch unerwartet zu einer Klientin auf Hausbesuch. Während meiner Wartezeit fotografiere ich eine Kollegin für unsere Mitarbeiter-Flyer und richte den Tisch für das Interview ein. Wir werden es draussen abhalten, denn das Wetter ist endlich etwas wärmer geworden.

Andreas Sorg hat vor seiner Zeit bei uns fünfzehn Jahre in einem Spital gearbeitet. Da er Familie hat, waren für ihn die unregelmässigen Arbeitszeiten an den Wochenenden und in der Nacht ungünstig. Über einen Tipp kam er zur Spitex AareBielersee – und arbeitet nun schon seit fast zwanzig Jahren in Safnern. Er hat viele Menschen langjährig begleitet. Besonders in Erinnerung ist ihm eine Frau geblieben, die ihm bei seinen Einsätzen jeweils einen Kaffee anbot und an ihren Geburtstagen immer ein Stück Torte für ihn zur Seite stellte. „Diese eine Klientin habe ich sehr gerne bekommen, und ich habe sie sogar im Altersheim ein paar Mal besucht, nachdem sie nicht mehr zu Hause wohnen konnte.“ Andreas schätzt nebst dem Kontakt zu den Klientinnen und Klienten insbesondere das kleine und harmonische Team. Da er der einzige Mann im Stützpunkt Safnern ist, sei er manchmal schon ein wenig der Hahn im Korb, meint er lachend. Ausserdem erwähnt er, dass trotz einem Leitungswechsel im Stützpunkt Safnern immer eine Führungsperson für ihn da ist und dieser Übergang gut strukturiert abläuft.

Natürlich spreche ich ihn neugierig darauf an, wie er als Mann in einem klassischen „Frauenberuf“ aufgenommen wird. Andreas nickt. „Es gibt schon Klienten, die sehr erstaunt sind, wenn sie mich zum ersten Mal sehen oder die lieber von einer Frau gepflegt werden möchten. Die meisten gewöhnen sich aber schnell daran.“ Insbesondere betagte Frauen zögen Pflegerinnen vor, vor allem wenn es um Einsätze wie Katheter wechseln oder Intimpflege gehe. „Kann man als Klientin in einem solchen Fall selbst entscheiden, ob man von einer Frau oder einem Mann besucht werden möchte?“ frage ich. Andreas bejaht, das sei kein Problem für die Spitex. Weiter erzählt er mir, dass er als Mann öfter als seine Kolleginnen gebeten wird, kleine handwerkliche Handreichungen zu tätigen. „Eine Glühbirne auswechseln oder einen Nagel einschlagen, das wird wohl eher einem Mann aufgetragen.“ Dann fügt er ein wenig verschmitzt an: „Obwohl unsere Spitex-Frauen das sicher genau so gut könnten.“ Dann erzählt mir Andreas freudig, dass sich sein Neffe auch für einen Pflegeberuf bei einer Spitexorganisation entschieden habe und im Sommer die Lehre beginnen werde.

Andreas schaut auf die Uhr. Er hat bald den nächsten Einsatz. Er zwirbelt für das Foto etwas aufgeregt seinen Schnurrbart in Form und geht danach wieder auf seine Tour. Auf dem Rückweg stelle ich plötzlich fest, dass der Standort Safnern eigentlich nur wenige Meter von der Hauptstrasse entfernt ist und nehme vergnügt die kürzere Strecke für meine Fahrt zu der Geschäftsstelle in Nidau zurück.

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